Wettstreit der Wirtschaftsgiganten: so wird Indien Deutschlands neuer Megamarkt

Wettstreit der Wirtschaftsgiganten: so wird Indien Deutschlands neuer Megamarkt


Wieder ein Crash an Chinas Börsen – der Boom der letzten Jahre ist vorbei! Doch es gibt eine Alternative: Expansionswillige Firmen blicken mittlerweile nach Indien. Warum der zweite asiatische Riese für deutsche Unternehmen zur Wachstumslokomotive werden könnte.

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Wieder ein Crash an Chinas Börsen – der Boom der letzten Jahre ist vorbei! Doch es gibt eine Alternative: Expansionswillige Firmen blicken mittlerweile nach Indien. Warum der zweite asiatische Riese für deutsche Unternehmen zur Wachstumslokomotive werden könnte.

Kein Zweifel, Indien fordert China derzeit als Wirtschaftsmacht heraus. Der wirtschaftsfreundliche Kurs von Premierminister Narendra Modi umgarnt internationale Investoren. Auch der jüngste Besuch von Bundeskanzlerin Merkel stand ganz im Zeichen der Bemühungen, die deutsch-indischen Wirtschaftsbeziehungen zu befeuern und auszubauen.

Die indische Regierung bemüht sich intensiv um die Gunst ausländischer Konzerne, wie die Initiative „Make in India Mittelstand“ (MIIM) belegt, die deutschen Unternehmen und vor allem dem deutschen Mittelstand Unterstützung und Know How für eine Expansion in Indien anbietet. Das Programm steht für alles, was Indien herbei sehnt: Arbeitsplätze, weniger Investitionshürden, den Aufbau der Industrie, Investitionen aus dem Ausland. Nichts braucht das Land so dringend wie eine prosperierende Wirtschaft.

1,3 Milliarden Konsumenten

Die Aussichten des Subkontinents, in Deutschland neue Investoren zu gewinnen, stehen nicht schlecht. Indien wirft 1,3 Milliarden zumeist junge Menschen als potenzielle Konsumenten in die Waagschale. Jedes Jahr gehen 1,5 Millionen Ingenieure von indischen Universitäten ab als gut ausgebildete Arbeitskräfte. Sie alle sprechen fließend Englisch und zehn Prozent der indischen Studenten haben zudem einen Auslandsaufenthalt für berufliche Zusatzqualifikationen genutzt. Indien steht in den Startblöcken, um als Land im 21. Jahrhundert endlich in der Moderne anzukommen und ökonomisch ernst genommen zu werden.

Wirtschaft wächst stark

Es spricht also einiges dafür, sich auf das Schwellenland einzulassen. Indien hat dieses Jahr bereits als Partnerland der Hannover Messe viel positive Resonanz von deutschen Unternehmen bekommen und Regierungschef Modi kann als Reformer und Visionär erste Erfolge vorweisen: Die reale Wirtschaftsleistung wächst derzeit mit über sieben Prozent stärker als die von China und 2015 sind bislang mehr Direktinvestitionen nach Indien als ins Reich der Mitte geflossen.

Die wichtigste Frage: Kann Modi seine Versprechen halten?

Der Regierungschef, seit dem vergangenen Jahr nach einem fulminanten Wahlsieg an der Macht, will umfassende Reformvorhaben durchsetzen. Wird ihm das gelingen?

Die zwei wichtigsten Reformen sind die Einführung der Grunderwerbssteuer und der Mehrwertsteuer. Weitere nötige Schritte sind Bürokratieabbau, Steuersenkungen für Unternehmen, Investitionen in die Digitalisierung und in die marode Infrastruktur des Landes: Das Straßennetz, das Nahverkehrssystem, die Kanalisation, das Energieversorgungsnetz und die Müllentsorgung müssen dringend komplett modernisiert werden.

Geht es nach dem ambitionierten Modi bleibt in Indien kein Stein auf dem anderen. Alleine diese Haltung beinhaltet perspektivisch ein enormes Potential für ausländische Investoren. Der Erfolg, ein wachstumsstarker Handelspartner für deutsche Unternehmer zu werden, hängt allerdings davon ab, ob Modi zum großen Modernisierer Indiens avanciert – oder ob er an dieser Aufgabe scheitert. Lähmende Bürokratie und korrupte Behörden müssen dringend abgeschafft werden.

Schafft Indien das „ökonomische Wunder“ – wie China es vorgemacht hat?

Die enorm effiziente, weil autokratische Staatsmaschinerie Chinas, die 30 Jahre lang mit gezielten Investitionen zweistellige Wachstumsraten induzieren konnte, lässt sich in Indien so nicht kopieren. Indien als funktionierende Demokratie mit politischen Wechseln, freier Presse und gegenläufigen Interessen ist in puncto Steuer- und Durchsetzbarkeit mit China nicht vergleichbar.

Indien sucht in der Außenwelt nach dem notwendigen Schub für seinen industriellen Aufstieg. Um seine Ziele zu erreichen, fokussiert Indien sich auf ein Wachstumsmodell, das die lokale Nachfrage und das Humankapital so ausrichtet, dass es ausländische Investitionen anzieht. Optimistische Langzeitprognosen für Indiens Wachstum belaufen sich auf durchschnittlich sieben bis acht Prozent über die nächsten 30 Jahre. Indien bräuchte etwa 25 Jahre, um Chinas derzeitige volkswirtschaftliche Größe zu erreichen. China exportiert heute Waren im Wert von jährlich rund zwei Billionen Dollar, dies entspricht in etwa der heutigen gesamten Wirtschaftsleistung Indiens.

Dieser Vergleich eröffnet Indien aber auch gigantische Chancen, international aufzuholen: Alleine im Bereich E-Commerce prognostizieren Experten für Indien in den nächsten fünf Jahren ein Wachstum von über 30 Prozent. Prognosen, die Investoren ernst nehmen sollten, wenn man bedenkt, wie gigantisch die Infrastruktur sein muss, um ein derartiges Wachstum einer Branche logistisch zu ermöglichen.

Kann Indien „die Fabrik der Zukunft“ werden?

Die aktuelle „Make in India“-Initiative benennt 24 Sektoren, in die ausländische Unternehmen investieren sollen. Hier bestehen aus Sicht der indischen Regierung die besten Marktchancen für Investoren. EAC Consulting hat dieses indische Muster analysiert und die acht attraktivsten Bereiche herausgefiltert.

Für mittel- und langfristige Investitionen sind insbesondere die Felder Textilmaschinen, Chemie, Medizinische Geräte, Pharma, Verpackungsindustrie, Nahrungsmittelverarbeitung, Biotechnologie sowie der Maschinenbau von besonderem Interesse. Diese Sektoren werden bis 2020 mit überdurchschnittlichen Raten wachsen, verfügen über gutes Ergebnispotenzial und es besteht bereits ein industrielles Umfeld.

Fazit: Dass sich etwas bewegt, und zwar in die richtige Richtung, zeigt die Tatsache, dass Indien im Ranking der Weltbank unlängst um vier Punkte aufgewertet wurde. „Red Carpet statt Red Tape“ lautet die Devise der neuen Regierung – also „Roter Teppich statt Bürokratismus“. Das richtige Signal für internationale Unternehmen. Global Player wie Lenovo , Samsung und Boeing haben es erkannt und entwickeln bereits Produktionsanlagen in Indien. Sie scheinen Indien das Potenzial zuzutrauen, neben China eine neue „World Factory“ zu werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere folgen.
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